Bron: Motorrad, No. 7, 1982
Tekst: PL
Foto's: Hörner, Werk
MAGAZIN - Kreidler-Konkurs

Foto: Letzte Betriebsversammlung: das Aus für 450 Arbeiter
Das Wunder blieb aus. Die Werkstore der ehemaligen Weltmeisterschaftsmarke Kreidler wurden endgültig geschlossen. Das alteingesessene Fahrzeugwerk in Stuttgart hat den Konkurs angemeldet.
Die 450 Kreidler-Werker erfuhren es aus der Tageszeitung: „Für die angeschlagene Kreidler Fahrzeuge GmbH & Co. mit Werken in Stuttgart-Zuffenhausen und Kornwestheim konnte offenbar kein neuer finanzkräftiger Käufer gefunden werden.“
Diese lapidare Feststellung bedeutete im Klartext nicht nur das befürchtete Aus für Kreidler, den Antrag auf Konkurs beim Amtsgericht Ludwigsburg am 12. März 1982. In einer Betriebsversammlung zwei Tage vor diesem Termin erfuhren auch die rund 450 Betriebsangehörigen, daß sie damit arbeitslos geworden sind.
250 Arbeiter sofort, die restlichen 200 brauchen erst 14 Tage später zum Arbeitsamt zu gehen. In dieser Zeit sollen noch 1700 Mofas und 400 Leichtkrafträder montiert werden. Dann ist mit der Produktion von Kreidler-Fahrzeugen endgültig Schluß.
Die Betroffenen nahmen diese deprimierende Kunde äußerlich unbewegt auf.

Wahrscheinlich nur, weil die seit Februar 1981 offiziell bekanntgewordene Pleite des Gesamtunternehmens — nur die Kreidler Fahrzeugwerke überlebten durch die Übernahme seitens der Unternehmensgruppe Willner aus Ingolstadt — die Hoffnungen auf einen langfristigen Fortbestand von Kreidler sowieso hatte schwinden lassen.
Alle Beteiligen wußten nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens im Februar 1982, daß ohne neue Geldgeber für mindestens 4,7 Millionen Mark (35 Prozent der Gesamtschulden) der Konkurs für Mitte März nicht mehr zu verhindern war (siehe auch MOTORRAD 4/1982).
Das (Geld-)Wunder blieb jedoch aus.
Die komplizierte finanzielle Entflechtung der Gesamtschulden, der zu leistende Sozialplan für die entlassene Belegschaft, nicht zuletzt die Situation der Willner-Gruppe in Ingolstadt sind die eine Seite des Problems.
Ein die Kreidler-Händler und künftige Kunden wohl noch mehr auf den Nägeln brennendes Problem wird sein, was mit den 10.000 schon gefertigten, aber noch nicht verkauften Zweirädern passiert, die noch im Werk auf Halde stehen.
Nach einer Presseerklärung der Kreidler Fahrzeuge GmbH sollen die Fahrzeuge „über die Händler und die ausländischen Importeur-Organisationen bis zum 30. September 1982 verkauft werden (siehe Seite 94, ‚Schleuderpreise‘).“
Damit die Versorgung mit Ersatzteilen für alle Kreidler-Fahrzeuge auch in Zukunft sichergestellt ist, werden 15 Mann der Betriebsbelegschaft zwei Jahre lang im Werk Kornwestheim weiterarbeiten.
Konkursverwalter Dr. Volker Grub erwartet „durch die Sicherstellung der Ersatzteilversorgung und durch attraktive Preise der Neufahrzeuge einen reibungslosen Verkauf des Fahrzeuglagers".
Der Kreidller-Händlerschaft soll das Verkaufsrisiko für die letzten Kreidler-Maschinen mit einem saftigen Nachlaß beim Einkauf erleichtert werden.



