1980, Gastarbeiter bei Kreidler - Ricardo Tormo auf der Kreidler-Van Veen

Wegrace artikelen en informatie
Plaats reactie
Bericht
Auteur
Gebruikersavatar
Maarten
Beheerder
Berichten: 9765
Lid geworden op: 01 sep 2002, 09:13
Locatie: Den Haag, Nederland
Gegeven waarderingen: 833 keren
Ontvangen waarderingen: 421 keren
Contacteer:

1980, Gastarbeiter bei Kreidler - Ricardo Tormo auf der Kreidler-Van Veen

#1 Bericht door Maarten » 27 apr 2019, 19:18

Gastarbeiter bei Kreidler - Ricardo Tormo auf der Kreidler-Van Veen
(1980)



Afbeelding

Foto: Ricardo Tormo auf der Kreidler van Veen.

Ricardo Tormo übernimmt den Platz auf der Kreidler van Veen Werksmaschine. In Hockenheim nahm der Spanier erstmalls Maẞ.

Im verlassenen Motodrom in Hockenheim hat sich eine Handvoll Männer, teils in dick wattierten Jacken, teils in Mechaniker-Overalls, um ein kleines Rennmotorrad versammelt. Einer von ihnen steckt in einer abgewetzten, roten Rennkombi und betrachtet das Maschinchen besonders aufmerksam: Der Spanier Ricardo Tormo, 27, Nachfolger von 50 cm3-Weltmeister Eugenio Lazzarini im Kreidler-Van Veen Racing-Team, soll heute zum erstenmal die Rennmaschine fahren.

Der Grund für diesen Proberitt ist kein Geheimnis:
Teamchef Herbert Rittberger und seine beiden Mechaniker, Thomas Engl und Jörg Schlichenmaier wollen die optimale Sitzposition für Tormo herausfinden und die nötigen Änderungen sofort vornehmen.

Noch steht die Kreidler auf dem Ständer, das Hinterrad hängt in der Luft. Das Schnapsglas-Triebwerk wird gestartet: Eine gefühlvolle Hand am Gasgriff, ein Ruck am. Hinterrad - der Motor läuft.

Schrilles Zweitakt-Kreischen wird von den leeren Tribünen reflektiert und lockt Neugierige herbei. Zwei Kellner vom Restaurant auf der anderen Seite der Zielgeraden spähen herüber, um die Quelle des morgendlichen Lärms auszumachen.
Ein paar Typen, die gerade einen Rennwagen abgeladen haben, bestaunen den Mini-Renner aus der Nähe.

„Wie hoch dreht das Ding?" fragt einer der Autorennfahrer entsetzt, nachdem er einen Blick auf den Drehzahlmesser geworfen hat, Herbert Rittberger gibt Auskunft:„Bei 16000 Touren liegt Maximalleistung an,"

Ungläubige Blicke bei den Auto-Leuten: Doch "Rittberger winkt ab: „Wir haben schon mit höheren Drehzahlen gearbeitet. Allerdings wird bei 17000 der Verschleiß arg hoch." Die Auto Menschen nicken verstehend - bis Rittberger hinzufügt: „Aber die Motoren sind inzwischen so ausgereift, daß sie drei, vier Rennen ohne Demontage oder Reparaturen überstehen."
Ricardo Tormo faltet sich auf die Maschine. Er rutscht etwas im Sattel hin und herr, probiert Hand- und Fuẞhebel. Schieẞlich laßt er den Motor aufheulen, jagt die Boxenstraße entlang und verschwindet hinter einer Kurve.

Bis zu einerdreivierte Million Mark kann der Spaß kosten, ein 50 cm3-Renn-Team, wie das von Kreidler Van Veen, ein Jahr lang auf die Jagd nach Weltmeisterschaftspunkten zu schicken.
Die finanzielle Seite ist mit ein Grund warum 1980 Ricardo Tormo die Werks-Kreidler fährt und nicht Lazzarini der im vergangenen Jahr immerhin die Weltmeisterschaft für den Kornwestheimer Moped-Fabrikanten holte.


Afbeelding


Lazzarini bekam nämlich fur jeden WM-Start eine festgelegte Prämie, außerdem gab es ein Extrahonorar für jeden Sieg; der Gewinn der Weltmeisterschaft wurde ebenfalls gesondert berechnet. Tormo ist billiger: Er wird direkt vom spanischen Motorrad-Verband bezahlt.

Foto: Oben die verstärkte Hinterradschwinge der neuen Kreidler-Van Veen, unten erste Zusammenarbeit Tormo/ Rittberger; links steht das Fahrwerk zur Debatte, rechts der für Tormo neue Metzeler-Slick.

Zieldurchfahrt nach der ersten Runde des Spaniers. Herbert Rittberger steht an der Leitplanke und malt einen Kringel in seine Tabelle: Keine Zeit genommen, Warmlaufrunde, bedeutet das. Nach dem dritten Durchgang scheint Tormo sich auf der unbekannten Maschine zurechtzufinden, er fährt frecher. Die Übersetzung paßt offenbar auch, so daß sich Rittberger entschließt, die Zeit zu stoppen.

Genau eine Minute und 33 Sekunden später überquert Tormo die Ziellinie — Herbert Rittberger notiert's zufrieden. „Eine Minute 33 in der vierten Runde ist in Ordnung", erklärt er. „1:28 wäre eine gute Zeit, 1:25 müßte bei optimalen Bedingungen drin sein."

Optimale Bedingungen heißt: mit dem schnellen Wettbewerbsmotor — für den Testtag wurde ein schwächeres Trainingstriebwerk eingebaut —, dem maßgeschneiderten Motorrad und der idealen Temperatur für Slicks und Fahrer.

Tormo friert, als er nach einiger Zeit die Kreidler ausrollen läßt. „Mucho frio", sagt er und zeigt seine klammen Finger, mit denen er Gas und Kupplung nur schlecht feinfühlig dosieren kann. Ein Cognac, meint er verschmitzt, würde ihm guttun. Um seinem Wunsch mehr Gewicht zu verleihen, beschreibt der kleine Spanier gestenreich, wie das hochprozentige Getränk vom Magen in die Fingerspitzen gelangt und dort für Wärme sorgen kann.

Aber im Transporter, zwischen Rennölbüchsen und Spritkanistern, finden sich keine Spirituosen, Tormo muß mit heißem Kaffee aus der Thermoskanne vorlieb nehmen.

Bei den Mechaniken herrscht dagegen eher Freude über das sonnige Wetter: „Weißt du noch, unsere Testfahrten auf dem Nürburgring bei Glatteis und Nebel? Da sind wir schon beim Geradeausfahren umgekippt."

Manöverkritik: Ganz zufrieden ist Tormo mit seiner Sitzposition noch nicht. Die Fußrasten müssen ein paar Zentimeter nach unten, Schalt- und Bremshebel sollen anders montiert werden.

Mit der Rundfeile geht Jörg Schlichenmaier an die Arbeit, einige Minuten später ist die Kreidler wieder startklar. Tormo rast los, diesmal, um ein anderes Reifen-Paar zu erproben.

Schon beim Aufbau des Fahrwerks Im Duderstädter Van Veen-Werk berücksichtigten die Ingenieure, daß Tormo rund zehn Zentimeter größer ist als Vorgänger Lazzarini. Entsprechend wurde die Sitzposition verändert, dazu das Fahrgestell durch eine verstärkte Schwinge optimiert. Der neue Motor wird noch fertiggestellt, er soll 15,5 Kilowatt leisten.

Tormo kommt unterdessen richtig in Fahrt und liefert eine Spitzenzeit: Eine Minute und 27 Sekunden, schneller schafft er es an diesem Montag nicht mehr. Herbert Rittbergers Lächeln wird immer zufriedener, alles deutet auch für 1980 auf einen Kreidler-Erfolg hin.

Und höchst zweideutig, in bestem Grand Prix-Fahrer-lager-Kauderwelsch, den Daumen nach oben — Richtung Sonne — gestreckt, meint Rittberger zu seinem Piloten: „Jetzt wird's Espenal" Tormo grinst.

Plaats reactie